Aleister Crowley und die Thoth Tarot Karten
Aleister Crowley (1875-1949) war ein Mann, der schon zu Lebzeiten das Talent besaß, bei seinen Mitmenschen heftigste Emotionen von Bewunderung und Abscheu hervorzurufen. Dem Thoth-Tarot, dessen geistiger Vater er ist, hat er dieses Talent vermacht.
Als ungeliebtes Kind eines puritanischen Predigers im prüden Großbritannien des viktorianischen Zeitalters rebellierte Crowley Zeit seines Lebens gegen die herrschenden Moralvorstellungen und vor allem gegen die christliche Religion. Indem er die Fleischeslust propagierte und sich mit dem Tier aus der Offenbarung des Johannes identifizierte, schürte er den Aberglauben und die Ängste um seine Person. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, Crowley sei ein Satanist und Schwarzmagier gewesen, was zu vielen Berührungsängsten mit dem Thoth-Tarot-Deck führt.
Crowley war jedoch im heute verstandenen Wortsinne weder „Satanist“ noch „Schwarzmagier“. Wenngleich er Magie in all ihren Facetten studierte und praktizierte, waren „militante Mystiker“ und „schwarze Brüder“ doch nie sein Fall.
Crowleys hervorstechendsten Eigenschaften waren seine Masslosigkeit und seine Experimentierlust. In der magischen Praxis folgte er oft genug seinem persönlichen Pioniergeist, ohne dabei Rücksicht auf andere zu nehmen. Sein Drogenkonsum und seine sexuelle Zügellosigkeit sind legendär. Wobei seine Drogenabhängigkeit hauptsächlich dadurch entstand, dass Asthma zur damaligen Zeit mit Heroin behandelt wurde.
Die Presse griff seine exzentrische Lebensweise und radikalen Meinungen dankbar auf und schürte die Aufregung um seine Person. Doch Crowley verfügte auch über außergewöhnliche Bildung in Religion, Mythologie und Philosophie. Er war Bergsteiger, Schachmeister, Magier, Schwerenöter und Gentleman. Er schuf ein eigenes religiöses System (Thelema) unter dem Leitsatz „Do what thou wilt shall be the whole of the Law“ („Tu, was Du willst, sei das ganze Gesetz“) und schrieb über Thelema und andere Themen Bücher, die seiner Zeit weit voraus waren.
Der Thoth-Tarot ist sein Spätwerk und enthält in Symbolen das gesamte Wissen und die Glaubenswelt ihres Schöpfers. In ihrer Aussagekraft sind die Karten dabei erstaunlich modern; und ihre Dramatik und Tiefe faszinieren viele Menschen trotz der wilden Gerüchte, die sich um die Person des Aleister Crowley ranken.
Lady Frieda Harris, der Malerin, mit der Crowley von 1939 bis 1944 die Karten schuf, verdanken wir nicht nur die hohe künstlerische Qualität dieses Decks, sondern auch seine farbenstarke Intensität. Sie gestaltete die kreative Umsetzung der inhaltlichen Vorgaben Crowleys weitgehend eigenständig.